Sonntag, 29. März 2020

Lebkuchenhaus #2

Lebkuchenhaus backen für Erwachsene: Du musst auch alle Teile selbst konstruieren, ohne Schnittmuster aus dem Internetz!11einseins
Jedenfalls ist das mein Anspruch.

Weihnachten 2018 wollte ich endlich mal wieder in Angriff nehmen, ein Lebkuchenhaus zu konstruieren. Das habe ich vor einigen Jahren schonmal gemacht, allerdings ist der Teig dabei unerwartet stark aufgegangen, sodass es komplett die Form verloren hat. Andererseits hat es echt lausig geschmeckt. Viel zu trocken, sehr schade um die Rohstoffe. Dafür hatte das Haus aber eine Garage und eine Solaranlage, die ich aus blauen Gletscherbonbons geschmolzen habe.
Kurz vor Weihnachten 2018 infizierte ich mich jedoch leider mit einer bösen Lebensmittelvergiftung und hatte noch Monatelang Spaß damit. Es war also nicht daran zu denken. Der Plan für diesmal war: Ein Lebkuchenteig, der hoffentlich nicht so stark aufgeht. Und es sollte ein Kernkraftwerk werden. Haha, war wohl nix. Hab Weihnachten dann lieber aus dem Fenster geschaut, da stand eines aus Beton.

Weihnachten 2019 habe ich am Infektionsort dann nichts gegessen und bin ohne Infektion durch gekommen. Da das Kernkraftwerk eine Kuppel braucht und ich dies bisher noch nicht lösen sollte, sollte es diesmal nur folgende Probleme lösen:
Das Lebkuchenhaus sollte seine Form beim Backen definitiv behalten UND es sollte schmecken. Bis Ostern sollte es ohne Qual verspeist sein.
Natürlich sollte es diesmal auch vegan sein, das war es vor den Jahren nicht.

Meine Idee diesmal: Ich nehme keinen Lebkuchen, sondern ich nehme "braune Kuchen", ein sehr dünner, matt brauner, extrem schmuckloser Keks aus dem Raum Hamburg bis Bremerhaven. Ein "nein danke für mich nicht"-Keks für Menschen, die ihn noch nie probiert haben. Einmal überwunden reinzubeißen, erlebt man eine ungeahnte Geschmacksexplosion fein und trotzdem intensiv aufeinander abgestimmter Weihnachtsgewürze, die sehr nahe an das Lebkuchenhaus von Weiss aus meiner Kindheit heran kommen. Die Kekse haben Suchtpotential und bleiben ideal flach.


Ich fange an mit der Idee. Anfang 2019 las ich ein Buch über Finanzen und da sollte man sich seiner Ziele bewusst werden, auch mal träumen, über das Ziel hinaus schießen. So habe ich etwas in meinem Skizzenbuch herum geträumt und dieses lebensgroße Lebkuchenhaus mit Lebkuchengarage gezeichnet. Lebkuchenhäuser sind für mich nur echt, wenn ein Fliegenpilz davor steht. Das hat den Hintergrund, dass das Weiss Hexenhaus einen Fliegenpilz aus Zucker hat und die anderen nicht - die anderen haben mich in meiner Kindheit geschmacklich mehr als enttäuscht. Daher nur echt mit Pilz.
Mein Haus soll eine kleine Grundfläche haben und schön hoch hinaus wachsen.


So ähnlich mit viel Zeitungspapier habe ich dann das Haus konstruiert:



Die Pilze habe ich mit Zuckerguss und M+M nachgebaut. Ich war total glücklich, dass M+M kein Cochinellenrot in dieser Packung verwendet!
Aus Faulheits- und Stabilitätsgründen ist die Garage an das Haus angebaut. Und es steht dasselbe Auto drin wie auf der Zeichnung.






Aber halt, fehlt hier nicht das Rezept? Doch natürlich!
Das möchte ich euch nicht vorenthalten, denn es ist wirklich super geworden. Original braune Kuchen werden mit Ei gemacht und man muss wirklich wirklich stressresistent sein, um den Teig zu verarbeiten. Durch die Veganisierung ist der Teig handzahmer geworden. Er ist immer noch schwieriger als Lebkuchenteig, aber mit ein paar Kniffen geht das alles.

7 Bleche Braune Kuchen

250 g dunkler Zuckerrübensirup
125 g Margarine
1 TL Organ No Egg + 2 EL Wasser
188 g Zucker
7 g Pfefferkuchengewürz*
1 TL Ceylon(!!!) Zimt**
0,5 TL Muskat
500 g Mehl 405
0,5 Tüte Weinsteinbackpulver

175 °C Ober/Unterhitze, 8-15 min
Nur superleicht braun an einem Zipfel werden lassen. Am besten gar nicht braun werden lassen.

Zuckerguss:
1 TL Organ No Egg + 2 EL Wasser
Puderzucker


* ich habe meines von Gewürze Mayer, da bestelle ich regelmäßig, nicht zu vergleichen mit Supermarktsware. Und gerade solche Mischungen schmecken auch wieder überall verschieden.
** Cassiazimt ist meistens der wo einfach "Zimt" drauf steht. Der ist ungeeignet und das Ergebnis wird lange nicht so lecker. Habs getestet.

Sirup und margarine in einem Topf ineinander schmelzen lassen. Keine brutale Hitze, ansonsten denaturiert dabei etwas und bildet unlösliche Klumpen, die einen später beim Ausrollen stören. Den Topf bei Seite stellen. In einem Schüsselchen das Organ No Egg Pulver mit dem Wasser kurz aufrühren und auch wegstellen. In der finalen Rührschüssel Zucker, Gewürze und Mehl einfüllen, dann die etwas abgekühlte Sirupfettmischung und das Organ No Egg einrühren. Der Teig wird erst einmal relativ fest, aber zu klebrig, um damit etwas anzufangen.

Kühlzeit mindestens 30 Minuten.

Gut gekühlt den Teig ganz kurz durchkneten und dann sofort super dünn ohne Mehl ausrollen.

Bei den Keksen geht das so: Teig zwischen zwei Backpapieren, gerne Teflonbackpapiere, hauchdünn ausrollen. Auf dem Backpapier ausstechen, die Hand auf den Ausstechling legen und vom Papier auf die Hand wie einen Sticker abziehen. Den ungebackenen Keks auf ein drittes Backpapier, auf dem gebacken werden sollen, in einem Schwung übertragen. Korrigieren nicht möglich. Der Keks verzieht dabei.

Für das Haus also anders arbeiten: Wieder den Teig zwischen 2 Papieren ausrollen und das Trägerpapier wird dann auch das finale Backpapier. Kein Übertragen = kein Verziehen. Die Schnittmuster für die Hausformen drauf legen und mit einem Messer ausschneiden. Überschüssiges Material wegnehmen. Vorsicht: Das Schnittmusterpapier kann evtl auf den Hausteilen kleben blieben und beim Abziehen unschöne Löcher reißen! Da schauen, ob sich das reparieren lässt oder man wieder neu machen muss. Ich musste diverse Teile mehrfach ausrollen, bis sie mir gefielen. Hier vielleicht mit etwas Glatterem als Zeitungspapier arbeiten.

Anforderungen an das Backblech: Nur die geraden Stellen nutzen! Keine Backroste, keine Biegungen. Jede Biegung bleibt im Keks und das Haus wird krumm. Sally Lochblech geht aber.


Nach dem Abkühlen sind die Teile sofort hart und einsatzbereit. Den Zuckerguss habe ich mit einem Spritzbeutel und kleiner Lochtülle aufgetragen, der hat schnell gut gehalten. Nur die Eiszapfen sind fast alle wieder runter gefallen.


Und nun ist bald Ostern und das Haus ist tatsächlich schon aufgegessen!
Schauen wir mal, ob und wenn ja was als Nächstes kommt. Wird es das Kernkraftwerk doch irgendwann geben? Oder kommt die Solaranlage zurück? Fragen über Fragen...

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