Mittwoch, 12. September 2012

Essen in Frankreich

Vergangene Woche war ich im Land des Guten Essens.
So sagt man jedenfalls. Für mich war es das Land des carnivoren Essens und der biologischen Ignoranz.

Frankreich hat unglaublich viele Spezialitäten, wenn wir vom Baguette einmal absehen: Croissant, Meringue, Camembert, Froschschenkel, Macarons, Quiche, Crêpe...
Aber alle diese Sachen haben gemeinsam, dass sie tierisch sind. Und das nicht nur als Hilfsstoffe, sondern eigentlich zum Großteil tierisch. Zudem, wenn man sich die verschiedenen klassischen Gänge eines Menüs anschaut oder den Anteil, den totes Tier auf dem Teller ausmacht, ist das gigantisch.

Es war unglaublich schwierig, im Restaurant etwas zu finden. Letztendlich entschied ich mich für einen griechischen Salat mit Schafskäse und gegriller Paprika, wobei die Paprika sehr nach Schweineschmalz schmeckte und ich sie nicht runter bekam (da kann ich gleich im Labor die Aminflaschen leer trinken).

In der Mensa konnte man bei der Anmeldung extra angeben im Feld "Gebrechen und Krankheiten", dass man Vegetarier ist. Vegetarisch reicht mir auf Reisen, Vegan ist dann halt meine eigene Küche. Ich holte mein bestes Französisch raus und erklärte der Mensadame, die die Teller auffüllte "Je suis vegetarien", worauf ein "Ah oui le poisson!" kam. Poisson ist der Fisch... Also irgendwas hat sie da nicht verstanden. Sind Fische jetzt Pflanzen, Eier, Pilze oder Milch? Nein, Fische sind Fische, die schreien nicht, wenn man sie tötet und deswegen sind sie vegetarisch. Ich machte ihr klar, dass ich keinen Fisch will und nur Gemüse und Stärkebeilage haben möchte.

Am nächsten Tag kam das Gleiche nochmal, da war ich schon vorbereitet. Leider bekam ich einen mordsmäßig großen Klecks von der gelb-grünen Pampe auf den Teller. Leicht gestockter Eierbrei. Ich nahm davon homöopathische Mengen als Nudelsoße und ließ den Rest übrig. Eier schmecken einfach zu sehr nach Schwefelwasserstoff, da fehlt der Genuss.

Auf dem Conference Dinner am Abend gab es zuerst Baguette, dann winzige Mengen als Bulgursalat und dann der Traum eines jeden Veganers: Nur noch Fleisch OHNE jegliche Beilagen. Nichtmal Salatdeko. Nur Fleisch, Fleisch, Fleisch. Gebraten, gegrillt, gegart, als Wurst, diverse Würste. Und mehr Fleisch. Dazu Fisch-spieße.
Hatte ich einen Glück, dass ich unter derber Appetitlosigkeit litt, sonst hätt ich Ärger gemacht. Schließlich hatte ich bei der Anmeldung, die auch hierfür galt, mein "Gebrechen" angegeben.

Die französischen Supermärkte sind den deutschen ziemlich ähnlich, nur ist die Wurstabteilung kleiner, die generelle Fleischabteilung größer und die Käseabteilung viel größer.

In der Mensa am Aufgang war ein Poster, worauf aufgelistet war, wieso "le boeuf", also Rindfleisch, schlecht ist. Krankheiten, Klima, fiese Tierhaltung, die ganze Abteilung. Ein winziges Poster. Oben gabs dann pro-boeuf-Poster. Und an jedem Laden gabs Werbung für supertolles boeuf. Auf Arte erfuhr ich, dass boeuf zu einer hervorragenden französischen Küche dazu gehört und Vegetarier blöde Ärsche sind, die die französische Küche beleidigen, indem sie das nicht essen wollen. Die weltbeste Küche! Mit dem Wissen fiel mir die boeuf-Propaganda natürlich um so mehr auf.


Macaron habe ich in der Vergangenheit einst versucht, selbst zu backen. Die Kekse waren damals unessbar widerlich geworden und ich fand auch niemanden, der sie mochte. Vielleicht war mein Rezept doch nicht so toll gewesen? Beim Conferece Dinner gabs dann echte französische Macaron - die genau so widerlich wie meine eigenen schmeckten. Okay, Französien, du kannst weltklasse Croissants machen, aber diese Kekse sind einfach eklig, da kann man nichts machen.

Unsere ganze Gruppe war nicht so wirklich mit dem Frühstück einverstanden. Ungesalzenes Brot, fast nur Gelee als Aufstrich... Ich fand schnell heraus, dass der Joghurt mit "Mûre" ziemlich nett war. Das ist Brombeer. Irgendwie muss man sich den Bauch vollschlagen und gegen die deutschen Brombeerjoghurts hatte der französische die Nase ganz weit vorne.
Ich glaube, um französisches Essen zu mögen, muss man einen Hang zum carnivoren haben.

Ich habe aber auch Dinge gegessen, die mir sehr gefielen.
Croissant, der Mûre-Joghurt, Feigenpaste, Baguette, getrocknete Früchte, Feigen

Wenn man nicht auf eine externe Gastronomie angewiesen ist, kann man als Veganer in Frankreich durchaus seine Lebenszeit verbringen. Ich habe sogar Tofu und fleischfreie Würstchen im Supermarkt gesehen. Ich möchte Deutschland aber weiterhin bevorzugen, gerade wegen deftigem Körnerbrot, deutlich mehr schnell erreichbaren Tofusorten, Laugengebäck und der besseren Einstellung zu Vegetariern. Man wird zwar gelegentlich angepöbelt, aber die Deutschen wissen meistens, dass ein Vegetarier keinen Fisch isst. Ich traue den meisten sogar zu, Götterspeise keinem Vegetarier anzubieten und wenn doch, ein Austauschgeliermittel verwendet zu haben.
Deutsche halten sich nicht für das beste Volk, Deutsche sind dauergeknickt, hassen ihre eigene Sprache und haben Geschichts-schuld, wo sie nur hingehen. Hier wird nicht die Küche mit dem Fleisch gegen alles verteidigt, hier wird nur seine Männlichkeit über den Fleischverzehr verteidigt.
Und nirgendwo anders außer hier gibt es die German Efficiency! Pünktlichkeit, Genauigkeit, gute Organisation. Wer sich in Deutschland über schlechte Organisation beklagt, sollte mal ins Ausland fahren.


Manchmal bereue ich den Schritt zum Vegetarier. Er ist so schlecht rückgängig zu machen, vor allem, wenns vor allem aus Genussgründen ist. Das schränkt einen in Punkto kulinarische Weltreisen doch sehr ein.

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