Wenn der Magen nicht mehr will und die Freunde auch nicht scharf essen, sucht man nach Ersatz. Den nutze ich jetzt seit 5 Jahren für alles Mögliche, hab aber nie das dazugehörige Rezept von meinem aktuellen Kimchi festgehalten. Daher werde ich das hiermit tun.
Der Ersatz ist mein Weg, die Schärfe zu reduzieren und trotzdem viel rote Farbe und viel Paprikageschmack im Endergebnis zu erhalten. Das Ergebnis wird anders schmecken als hätte man eine Gochu Garu Züchtung ganz ohne Capsaicin. Ja, das ist nicht authentisch, aber das schafft Teilhabe und darauf kommt es mir an. Ahja und es ist eh vegan, also eh nicht authentisch.
Rezept: Kimchi, aktuell seit 2020 bis 2024
Für den Kohl:
1 bis 1,25 kg Chinakohl
anständig Salz bis es knirscht (bis zu 70 g)
Zusatzgemüse:
3 Frühlingszwiebeln
1 Paprika
Würzpaste:
0,5 Apfel sauer
4 Knoblauchzehen
20 g Ingwer, geschält
1 EL Sojasoße
Stärkepudding gekocht aus 1 TL Stärke und 100 mL Wasser
1 TL Zucker
Wasser um die Soßigkeit nachzustellen
Salz in einem Töpfchen mit Löffel, um das Salz nachzustellen
2 EL Tatli Biber Salcasi*
*Schärfegrad:
Dieses Rezept basiert auf 4 EL Gochu Garu. 2 EL Gochu Garu ersetzen gegen einen anständigen EL Tatli Biber Salcasi. Es lässt sich so auch Schärfe abschwächen, indem man mischt und nur Teile des Gochu Garu tauscht.
Warenbeschaffung:
Tatli Biber Salcasi ist milde Paprikapaste aus dem türkischen Supermarkt. Vorsicht! Es gibt auch Aci Biber Salcasi, das ist die scharfe Variante. Manche große deutsche Supermärkte führen auch Paprikapaste, in der Abteilung für türkische Produkte schauen.
Durchführung:
Dauer ca. 3 Stunden, manchmal auch 4.
Den Chinakohl von schlechten Stellen chirurgisch befreien und ein Mundhappen schneiden. In einer urdeutschen Blattglasschüssel mit sehr viel Salz vermischen und warten. Ab und an kann man mal wenden, muss aber nicht unbedingt. Der Kohl muss sichtlich an Volumen verlieren. Dabei darf deutlich mehr Salz verwendet werden als appetitlich wäre, da es später ausgewaschen wird. Während der Kohl Entwässert wird, die Zusatzgemüse in Stifte schneiden und die Würzpaste machen.
Für die Würzpaste den Pudding kochen: in einem kleinen Topf 1 TL Stärke und 100 mL kaltes Wasser vermischen, bis alles gleichmäßig aussieht. Dann die Hitze einschalten und unter Rühren zu einem fast klaren Pudding kochen. Bei Seite stellen zum Abkühlen.
In einem Püriergefäß den halben Apfel pürierstabgerecht schneiden und einfüllen, den Ingwer gegen die Faserrichtung in feine Scheiben schneiden und dazu, Knoblauch, Sojasoße, Paprikapaste und evtl Gochu Garu, Zucker und ein Schüsschen Wasser zusammen fügen. Sobald der Pudding halbwegs kühl ist, auch dazu und pürieren. Es muss keine perfekt feine Paste sein, es sollte nur gut soßig sein und fein verteilt überall am Kohl haften dürfen.
Den Kohl auswaschen (3x):
Die Schüssel mit dem Kohl wird mit Wasser gefüllt, der Kohl mit beiden Händen heraus geholt, kurz gedrückt und bei Seite gelegt. Wenn alles raus ist, Wasser wechseln und den Kohl im frischen Wasser nochmal durchwaschen, drücken und ein dritter Durchgang.
Alles zusammenfügen:
Den ausgedrückten Kohl mit dem Zusatzgemüse und der Würzpaste zusammen geben. Dazu stelle ich immer ein Wassergefäß und das Salz mit einem Löffel drin. Der Pro-Tip ist wohl Handschuhe anziehen, da die Paprika die Hände verfärbt. Geprüft habe ich das nie, ich habe einfach immer die Handschuhe getragen. Dann mit den Händen alles vermengen.
Wasser zufügen: Die Bakterien die wir wollen können nicht selbst schwimmen, sondern sich nur treiben lassen. Mit einer gewissen Grundmenge an Wasser erleichtern wir ihnen die zufällige Fortbewegung. Außerdem ergibt mehr Wasser auch mehr Kimchi Soße, welche man für viele Gerichte nutzen kann. Wie viel Wasser rein muss ist also Geschmackssache, aber ich gebe meistens 300 mL noch dazu.
Salz zufügen: Das Salz stellt den Leitwert der ganzen Mischung ein und bedeutet einen osmotischen Druck, der nicht von allen Mikroorganismen geschätzt wird. Vor allem Colibakterien mögen dies nicht. In der frühen Phase, in der sich noch keine Säure gebildet hat, unterdrückt das Salz die unerwünschte Keimflora. Gesalzen wird bis es merklich salzig schmeckt. Da untertreibe ich meistens und lass es drauf ankommen, aber auf die beschriebene Kohlmenge kommen so meistens noch 2 TL Salz hinzu, es passt auch mehr.
Salz und Problembehandlung:
Rechnerisch soll die Gesamtmasse ca. 3 % Salz enthalten. Das finde ich aber zu viel. Insgesamt erhalten wir ca. 2 kg Produkt und 3% davon wären 60 g Salz, was ich unessbar fände. Mit ca. 10 g habe ich kaum Ausfälle erlebt.
Einmal hatte ich einen Stamm eingeschleppt, welcher nach Verdauung roch. Und einmal habe ich einen starken Gasbildner eingeschleppt, welcher in unfassbarer Zeit alles Feste in Flüssig umwandelte und dabei eine CO2 Menge produzierte, wogegen das stärkste Sprudelwasser still erscheint.
In beiden Fällen habe ich etwas falsch gemacht: In Fall 1 habe ich nicht gewendet, also nicht täglich umgerührt. Unten bildete sich Säure, oben nicht, weil es austrocknete. So konnte sich oben alles ausbreiten, was normal gehemmt werden würde.
In Fall 2 dachte ich wieder schlauer zu sein und mit meinem alten Batch Kimchi gleich das neue anzuimpfen. Warum auch immer, das alte Kimchi war total in Ordnung, aber der neue Batch sprudelte massiv.
Fermentation:
Die fertig gemischt Masse in einen geeigneten Fermentationscontainer geben und darauf achten, Kopfraum zu behalten. Durch die Gasbildung wird die Masse hoch kommen und braucht Platz.
Als Gefäß eigenen sich offizielle Fermentationsgefäße, aber auch Clickdosen aus Kunststoff und viele Unerschrockene fermentieren auch in Schnappdeckelgläsern.
Es kann sein, dass es trotzdem ein bisschen scharf ist für Personen, die wirklich absolut gar nicht scharf essen. Das kann ich leider nicht schmecken. Für mich ist Tatli Biber Salcasi nicht scharf, aber das liegt dann in deinem persönlichen Ermessen.