Sonntag, 18. August 2013

Stolz auf: eigene Laugenbrötchen!

DAS Lieblingsgebäck überhaupt von mir ist gutes Laugengebäck. Dafür lass ich auch meine Lieblingsschokotorte von Starbucks links liegen. Bei Laugengebäck gibt es aber leider 2 Haken:

1. Jeder emfpindet den optimalen Backgrad anders
2. Es wird oft Schweineschmalz verwendet

In meiner Stadt ist sogar ein Bäcker, der so alt her gebracht backt, dass das Laugenbrötchen total nach abgestandenem Schwein schmeckt. Das mag ich nicht und das will ich auch gar nicht.

Die meisten Bäcker backen ihre Laugenbrötchen, Stangen und Brezel gerne auch zu Tode. Hat ein Laugengebäck Blasen auf der Laugenhaut, ist es meistens ein Zeichen, dass man es nur noch als Serviertenknödel recyclen kann, Genuss ist das für mich nicht mehr. Und bildet sich ein Saharamuster auf der Laugenhaut, dann ist es leider auch zu Tode gebacken, knusprig und staubig, auch nur noch für Knödel brauchbar. Mein Vorbild ist da der Heider Mühlenbäcker, der sehr weiches, zartes Laugengebäck vervorbringt. Die Laugenhaut muss glatt und weich sein, das einzige, was knuspern darf, sind die Salzkörnchen.

Bei Chefkoch in der Backbuchregion vorgestellt und sofort ein Must Have für mich war das Backbuch von Lutz Geißler. Das hat echten Anspruch an einen gelangweilten Chemiker. Es ist nicht ein Buch für "Mal eben ein Brot backen", sondern es gibt jede Menge Hintergründe und Techniken. Man muss sich damit auseinandersetzen und den Teig fühlen lernen. Ich kaufte es sofort, nachdem ich einmal drin blättern konnte und bin hoch begeistert. Das Buch ist in 3 Schwierigkeitsstufen unterteilt, natürlich soll man mit der ersten beginnen. Laugengebäck ist nunmal aber Schwierigkeitsstufe 2. Ich WILL aber Laugengebäck machen, ich will die anderen Sachen aus Teil 1 im Moment gar nicht. Wenn einem etwas so unter den Fingern brennt, dann muss man auch mal mit Stufe 2 beginnen. Außerdem ists ja nicht so, als hätt ich noch nie was von Brot backen gehört. Ich kenn mich inzwischen mit Gehzeiten und -temperaturen aus und ich hab mal ein Video gesehen, in dem ein Teigling rund geschliffen wurde. Als Chemiker kenn ich mich auch mit Natronlauge aus. Stufe 2 ist für mich also machbar.


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Also los gehts! Man macht sich am besten eine Zeittabelle oder ein Fließdiagramm, wie es mir im organischen Grundpraktikum beigebracht wurde. Noch heute arbeite ich im Labor gerne mit Fließdiagrammen. Das sind beschriftete Pfeile, die immer weiter gen Ende des Blattes streben. Und da dran stehen Tu-Anweisungen, Temperaturen und Zeiteinheiten. Hier ist der Teig gerade fertig geknetet und geht luftdicht. Ich weiß nicht, ob ich das so richtig gemacht habe, denn wenn man ihn so einpackt, hat er gar keinen Platz zum Gehen.

Statt Schweineschmalz kann man auch Butterschmalz nehmen. Das war mir nicht vegan genug, ich habs durch Kokosfett ersetzt (Asialaden, kein Palmin).

Der Teig ist total schön nach dem Kneten, er ist genau wie im Buch beschrieben matt und sehr weich. So wie Faxpapier oder eine matte Lackierung.


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Zuerst wollte ich das Rezept "Rietberger Laugenherzen" aus Chefkoch machen, hab mich in der Durchführung dann aber für die aus dem Buch entschieden, aber die Form wollte ich dennoch als Laugenherz machen. Ich habe sie wohl aber noch zu rund gemacht und hätte die Herzenhälften länglicher kneten sollen. In dieser fertig gekneteten Form auf einem mit Backpapier bepackten Schneidbrett kommen die dann über Nacht in den Kühlschrank. Im Buch wird gesagt "mit Backleinen abdecken". Ich habe keinen Backleinen, also nahm ich ein Geschirrtuch. Vielleicht besorg ich mir mal ein Backleinentuch, Leinen ist wirklich was Anderes.


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Lauge! Das ist jetzt didaktisch unklug dargestellt. Ich habe den Topf auf den Stahluntergrund für das Foto gestellt, besser ist er auf einem Zeitungspapier aufgehoben. Edelstahl nimmt es einem gerne übel, wenn man ungesehen kleckert.

Die Lauge hab ich mit 50%iger Natronlauge angemixt. 20 mL 50er plus 230 mL Wasser. Immer in Plastik arbeiten, kein Stahl. Keramik würd ich auch nicht nehmen.

"Natron", also NaHCO3 ist ungeeignet. Das schmeckt ganz anders und man muss die Teiglinge heiß drin kochen, was sie total verzerrt. NaOH kann man online bestellen oder seiner Apotheke auf den Keks gehen. Meistens rücken die das aber nicht heraus, weil sie einem den Umgang damit nicht zutrauen und Angst haben, dass man damit Bomben baut, statt Brötchen backt.

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Handschuhe an, die Teiglinge nacheinander in die Lauge legen, mit dem Pfannenwender wieder raus und aufs Backpapier legen. Das Blech nimmt es einem natürlich auch übel, wenn man kein Backpapier verwendet, außerdem kleben die Brötchen dann extrem am Blech.
Ich bin nicht so der Salzfan, aber das Auge isst mit und das wollte zumindest ein paar Dekokrümel haben.


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Nun soll man die "mit Schwaden" backen. Im Buch werden zig verschiedene Methoden für Schwaden (= Wasserdampf im Backofen) aufgezählt. Ich entschied mich für eine modifizierte Version von "Backblech mit Wasser rein stellen". Ich nahm eine breite Auflaufform mit Wasser. Nach 8 Minuten kommt die wieder raus und der Backofen soll 1 cm breit geöffnet weiterbacken. Mein Backofen ist da nicht so der Meinung, dass man das können sollte, also musste ich ihn aufkeilen.

Und nach ca. 11 oder 12 Minuten kamen diese netten Brötchen heraus! Leider sieht man hier schon einen leichten Mangel: Blasenbildung auf der Laugenhaut. Ich dachte schon, ich hätt sie tot gebacken, aber sie waren trotzdem noch weich und federnd. Also nur ein optischer Mangel.


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Das mit der Herzform hat jetzt nicht so geklappt. Sie erinnern eher an Pneumococcen.

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Das Innenleben ist kompakt, aber weich, auch so wie bei meinem Laugenstangenvorbild und wie bei Standardlaugengebäck.

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Mit selbst gemachter Kräuterbutter aus Alsan sehr lecker. Ganz ohne Belag ebenso.

Vom Ergebnis bin ich jedenfalls begeistert! Sie sind bis aus die Bläschen genau so gewürden, wie ich sie haben wollte! Weich, alkalisch, Geschmack perfekt, Laugenhaut leicht gummiartig, Salzgehalt perfekt!

Wenn man genau hinschaut auf das erste Bild, sieht man, dass die abgebildeten Brezeln von Lutz Geißler auch das totgebackene Saharamuster aufweisen. Aber das ist ja optionell, ich backe einfach nicht so lange und schon ists, wie ich es haben will. Alleine deswegen hat sich dieses Buch schon gelohnt!
Und natürlich wegen der vielen schönen Bilder. Und wegen dem ganzen Drunherum. Ach, das Buch ist einfach großartig! Und diese Brötchen auch.

Leider sind sie schon aufgegessen.

1 Kommentar:

  1. Oh nein, irgendwie hat es meinen Kommentar von eben gelöscht. Mal sehen, ob ich noch alles zusammenbekomme.

    Deine Laugenherzen sehen super super lecker aus! Laugengebäck liebe ich auch sehr und hasse es ebenso totgebackene Brezeln und Stangen in der Auslage beim Bäcker zu sehen. Du hast sie perfekt hinbekommen, das würde ich nie schaffen!

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